Streit um höhere Abgabe für Fleisch entfacht

In Deutschland wird zurzeit heftig über die Einführung einer sogenannten Fleischsteuer debattiert. Doch hilft eine zusätzliche Steuer oder die Anhebung der Mehrwertsteuer für Fleisch wirklich dem Tierwohl?

Den Anstoß zur Diskussion gab der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder. Er forderte in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung neben einer CO2-Steuer auch eine Besteuerung von tierischen Produkten. Mit den Einnahmen solle der Umbau von Ställen finanziert werden, um diese tierwohlfreundlicher gestalten zu können. Politiker aller Parteien begrüßten den Vorstoß. Albert Stegemann von der CDU betonte ausdrücklich, dass die Zusatzeinnahmen zweckgebunden dem Tierwohl zugute kommen solle.

Agrarpolitiker von SPD und Grüne sind für eine Anhebung der Mehrwertsteuer für Fleischprodukte von sieben auf 19 Prozent. Auch Fleischproduzent Tönnies und Greenpeace, in seltener Einigkeit verbunden, halten eine Erhöhung für sinnvoll, solange die Erlöse zweckgebunden eingesetzt werden. Hier zeigt sich allerdings ein erster Haken: Steuereinnahmen in Deutschland sind grundsätzlich nicht zweckgebunden.

Doch es gibt auch Politiker und Verbände, die einer Fleischsteuer skeptisch gegenüber stehen. Alois Gerig etwa, Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag, sagte dazu im Interview mit dem Deutschlandfunk, dass eine Anhebung der Mehrwertsteuer für tierische Produkte in erster Linie sozial Schwächere belasten und bei dieser Steuer weder der Handel noch die Verarbeiter miteinbezogen werden würden. Wichtig sei es, dass sich der Bürger gesund und bewusst ernähre.

Dies zu fördern wäre zum Beispiel auch durch die Einführung eines Tierwohllabels möglich. Der Deutsche Bauernverband ist ebenfalls gegen eine Besteuerung von Fleisch. Der Verband kritisiert, dass weder dem Tierwohl noch dem Klimaschutz geholfen sei, wenn deutsche Landwirte zwar in mehr Tierwohl investieren würden, der Markt sich dann aber preisgünstiger aus Ländern mit niedrigeren Tierwohlstandards versorgen würde.

Die Überlegung, tierische Produkte mit einer extra Steuer zu belegen, ist nicht neu. In Schweden hatte die nationale Umweltschutzagentur vorgeschlagen, Fleisch zu besteuern. Anders als der Deutsche Tierschutzbund begründen die Schweden die Besteuerung mit der hohen Klimabelastung durch die Tierhaltung. Das wäre auch hierzulande eine nachvollziehbare Argumentation: Immerhin ist laut Bundesumweltamt die Landwirtschaft für 66 Millionen Tonnen CO2-Äquvivalente verantwortlich.

Grundsätzlich ist der Vorschlag mehr ins Tierwohl zu investieren richtig und gut. Auch die Debatte an sich ist nicht verkehrt, rückt doch so das Thema einmal mehr in den Fokus. Doch was bringt eine Fleischsteuer? Eine zusätzliche Abgabe auf tierische Produkte würde Fleisch nur künstlich verteuern. Von der Steuer betroffen sind letztlich nur die Konsumenten. Bei der Verbesserung des Tierwohls ist aber eine ganzheitliche Betrachtung notwendig. Das heißt, es muss die gesamte Wertschöpfungskette miteinbezogen werden. Jeder Akteur entlang der Wertschöpfungskette muss seinen Beitrag fürs Tierwohl leisten – vom Futtermittel bis zum fertig angerichteten Teller im Restaurant. Aus diesem Grund gibt es auch unsere Tierwohlinitiative. Mit dieser Initiative möchten wir das Bewusstsein entlang der Wertschöpfungskette stärken, wie wichtig Tierwohl für Mensch, Umwelt und Tier ist, und dass die Fütterung der richtige Hebel ist, damit zu starten.

Mehr zu die Positionen der einzelnen Protagonisten:

https://www.bauernverband.de/dbv-fleischsteuer-ist-zu-kurz-gedacht

https://www.toennies-agrarblog.de/mehrwertsteuererhoehung-zweckgebunden-warum-nicht/

https://www.deutschlandfunk.de/gerig-cdu-zu-fleischdebatte-wertschaetzung-bei.694.de.html?dram:article_id=455818



Kupierverzicht: Auch Fütterung kann helfen

Bereits 2008 verbot die EU-Kommission sämtliche Eingriffe am Tier, die nicht kurativ, also zur Behandlung einer Erkrankung notwendig sind. Sonderlich ernst genommen wurde das Verbot von den Mitgliedsstaaten allerdings bislang nicht. Im vergangenen Jahr stellte die EU-Kommission durch mehrere Audits fest, dass die Maßnahmen in den Mitgliedsländern – darunter auch Deutschland – nicht ausreichen. Jetzt fordert die Kommission Nachbesserungen.

Von der bundesdeutschen Agrarministerkonferenz wurde daraufhin der Aktionsplan Kupierverzicht auf den Weg gebracht, der langfristig einen Kupierverzicht ermöglichen soll. Dieser Aktionsplan sieht vor, Haltungsbedingungen und Management individuell zu optimieren. Dadurch soll das Auftreten von Schwanzbeißen minimiert und schrittweise auf das Schwänzekupieren verzichtet werden. Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland, in dem der Aktionsplan in Kraft tritt. Ab dem 1. Juli 2019 müssen dort alle schweinehaltenden Betriebe, die weiterhin kupierte Schweine einstallen, eine Tierhaltererklärung zum Nachweis der Unerlässlichkeit des Kupierens abgeben.

Diese Erklärung beinhaltet unter anderem die Durchführung einer Risikoanalyse. Darin müssen Optimierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Schwanzbeißen und Verletzungen dokumentiert werden. Ein wichtiger Punkt sollte künftig noch stärker berücksichtigt werden: die Fütterung. Denn Tierwohl fängt bereits beim Futter an.

Studien haben gezeigt, dass der Stresslevel und somit stressbedingte Verhaltensstörungen – einer der Hauptgründe für Schwanzbeißen – über die Fütterung minimiert werden können. So können schon hier wichtige Stellschrauben gedreht werden.

 

Lesen Sie mehr: So können Futterzusätze Stress reduzieren und helfen, Schwanzbeißen zu vermindern.



Gesundheitsindex für Schweine – Top oder Flop?

Letztes Jahr führte QS den Tiergesundheitsindex für Schweine ein. Nun wurden die Teilindices zum zweiten Mal erhoben. Was bringt das dem Tierwohl?

Der Tiergesundheitsindex ist für alle Schweinemastbetriebe, die dem QS-System angeschlossen sind, verpflichtend. Mit seiner Hilfe können Züchter die Befunde für ihre abgelieferten Tiere bewerten und die Ergebnisse mit denen anderer Betriebe vergleichen. So soll der Index den Landwirt dabei unterstützen, Defizite beim Tierwohl frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Auf den Preis, den die Züchter für ihre Tiere erhalten, hat der Index bislang keinen Einfluss.

Für den Index werden die Ergebnisse der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchungen in der Schlachthof-EDV erfasst. QS wertet die Befunde schlachthofbezogen aus. Eine übergreifende landes- oder deutschlandweite Betrachtung ist bisher nicht möglich. Berücksichtigt werden jeweils Indikatoren für den Zustand der Atemwege, der Organe, der Gelenke sowie für die Unversehrtheit des Schlachtkörpers.

Hat der Index als Instrument zur Verbesserung des Tierwohls eine Zukunft? Führende Schlachtbetriebe merken an, dass QS mit diesem Index lediglich abbildet, was sie in ihren Betrieben ohnehin schon lange praktizieren. Auch ist die Erhebung der Daten allein noch keine Maßnahme zur konkreten Verbesserung des Tierwohls. Doch Tierwohl ist ein komplexes Thema, das von verschiedenen Seiten angegangen werden muss. Haltungsbedingungen sind das eine, Verhalten, Hygiene oder Fütterung sind andere zentrale Bereiche. Je mehr Landwirte über den Zustand ihrer Tiere wissen, desto eher können sie Maßnahmen zur Verbesserung einleiten und erfolgreich umsetzen. Der Tiergesundheitsindex mag ein Werkzeug unter vielen sein. Dennoch ist er ein guter Schritt in die richtige Richtung.



Mehr Tierwohl dank innovativer Futterzusätze

Unser Kollege Frederic Ferber stellt in diesem Video sich und die Tierwohlinitiative von Dr. Eckel vor. Dabei stellt er klar, dass Tierwohl kein Luxusproblem ist und dass Futterzusätze einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Tierwohls leisten können.

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