Deutschland beim Tierwohl nur Mittelmaß

World Animal Protection (WAP) veröffentlicht internationales Tierwohl-Ranking: Die Tierschutzorganisation bewertet darin die Tierwohlstandards in 50 Staaten. An der Spitze: Schweden und Österreich.

Schon seit über 30 Jahren ist die World Animal Protection mit Hauptsitz in London für das Wohlergehen der Tiere im Einsatz. Für ihren Animal Protection Index (API) hat die NGO nun Tierwohlpolitik und -gesetzgebung in insgesamt 50 Ländern weltweit unter die Lupe genommen und ein Ranking von A (höchste Punktzahl) bis G aufgestellt. Für die Einstufung wurden unter anderem das allgemeine Bewusstsein für Tierwohl, die nationalen Gesetzgebung und die politische Unterstützung für Tierwohlstandards bei Haus- und Nutztieren sowie in der Forschung beleuchtet. Laut des API haben Schweden, Großbritannien und Österreich die höchste Bewertung. Die ihnen verliehene Note B zeigt, dass diese Länder ein sehr hohes Niveau beim Tierwohl aufweisen, aber noch Verbesserungspotenzial in bestimmten Bereichen besteht. In Ländern wie Marokko, Iran, Algerien und Weißrussland dagegen fehlt es noch immer am Wesentlichen: der Existenz oder wenigstens formellen Anerkennung eines grundlegende Rechtsrahmen für Tierwohl.

Deutschland hat es mit der Gesamtnote C nur zu einer mittelmäßigen Bewertung geschafft. Im Bereich Nutztiere werden die aktuellen Bemühungen sogar mit einem D bewertet. Deutschland steht somit auf einer Stufe mit Frankreich, Polen, Spanien und Italien. Das zeigt, dass in Deutschland und den übrigen europäischen Ländern noch viel Nachholbedarf besteht. Die Erkenntnis, dass Tierwohl eine ökonomische, ökologische und ethische Notwendigkeit ist, hat sich zwar in den letzten Jahren immer weiter verbreitet, doch für konkrete Maßnahmen fehlt vielen Akteuren in der Branche noch die Orientierung. Dabei gilt: Frühzeitig ansetzen und die verfügbaren Stellschrauben nutzen. Aus diesem Grund setzt Dr. Eckel bereits bei der Fütterung auf Maßnahmen für eine Verbesserung des Tierwohls. Denn schon die richtigen Futterzusätze können einen aktiven Beitrag leisten.

Lesen Sie hier mehr zum Index und den Ergebnissen in anderen Ländern: https://api.worldanimalprotection.org/



Schöne neue Schweinewelt

Eine neue Nutztierstrategie soll Landwirte dabei unterstützen, Betriebsstrukturen weiterzuentwickeln und sich gut für die Zukunft aufzustellen. Was dies im Detail für die Schweinehaltung bedeutet, stellte das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium Ende Januar im Rahmen einer Pressekonferenz vor. Ohne eine ganzheitliche Änderung der Schweinehaltung, so Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser, kann es nicht weitergehen.

Die Ministerin hat sich zum Ziel gesetzt, die gestiegenen Anforderungen an Tierwohl, Umweltschutz, Baurecht, Ökonomie, soziale Aspekte und gesellschaftliche Akzeptanz in Einklang zu bringen, heißt es. Die neue Nutztierstrategie solle die Landwirte unterstützen, strukturelle Veränderungen frühzeitig und erfolgreich zu gestalten. Die Weiterentwicklung der Nutztierhaltung soll möglichst flächendeckend erfolgen. Dies schließt auch mögliche Veränderungen in den bisherigen Betriebs- und Vermarktungsstrukturen ein. Ein Eckpunkt dieser Nutztierstrategie ist der „Stall der Zukunft“.

Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer NRW baut das Landwirtschaftsministerium derzeit an neuen Stallsystemen für die Schweinemast. Geplant sind zwei Mastställe auf dem Versuchshof der Landwirtschaftskammer Haus Düsse in Bad Sassendorf. Die Mastställe sollen den Vorgaben der Stufen 2 und 3 des staatlichen Tierwohlkennzeichens entsprechen. Das beinhaltet ein völlig neues Auslaufkonzept mit begrünter Klimazone und Schweineklo. Künftig sollen diese Stallsysteme als Vorlage für andere Bauvorhaben dienen. Der „Stall der Zukunft“ soll vollständig aus Landesmitteln finanziert werden. Bis 2022 sollen die Stallneubauten fertig sein.

Ein weiterer Punkt, den die Nutztierstrategie vorantreiben will, ist der Verzicht auf das Kürzen von Ferkelschwänzen. Ziel ist, die Haltungsbedingungen für Schweine so zu verbessern, dass die Haltung von unkupierten Schweinen zum Normalfall wird. Außerdem soll noch stärker vorbeugend an den Ursachen für Erkrankungen gearbeitet werden, um den Arzneimitteleinsatz in der Schweinehaltung weiter verringern zu können.

Aus unserer Sicht erfreulich ist die Betonung, die die Nutztierstrategie auf die jüngsten Entwicklungen im Fütterungsmanagement und die Verfahren zur Emissionsminderung. Es zeigt, dass auch die Politik inzwischen verstanden hat: Eine optimierte Fütterung ist die erste Stellschraube, um Nachhaltigkeit und Tierwohl positiv zu beeinflussen. Packen wir es an.



Kupierverzicht: Auch Fütterung kann helfen

Bereits 2008 verbot die EU-Kommission sämtliche Eingriffe am Tier, die nicht kurativ, also zur Behandlung einer Erkrankung notwendig sind. Sonderlich ernst genommen wurde das Verbot von den Mitgliedsstaaten allerdings bislang nicht. Im vergangenen Jahr stellte die EU-Kommission durch mehrere Audits fest, dass die Maßnahmen in den Mitgliedsländern – darunter auch Deutschland – nicht ausreichen. Jetzt fordert die Kommission Nachbesserungen.

Von der bundesdeutschen Agrarministerkonferenz wurde daraufhin der Aktionsplan Kupierverzicht auf den Weg gebracht, der langfristig einen Kupierverzicht ermöglichen soll. Dieser Aktionsplan sieht vor, Haltungsbedingungen und Management individuell zu optimieren. Dadurch soll das Auftreten von Schwanzbeißen minimiert und schrittweise auf das Schwänzekupieren verzichtet werden. Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland, in dem der Aktionsplan in Kraft tritt. Ab dem 1. Juli 2019 müssen dort alle schweinehaltenden Betriebe, die weiterhin kupierte Schweine einstallen, eine Tierhaltererklärung zum Nachweis der Unerlässlichkeit des Kupierens abgeben.

Diese Erklärung beinhaltet unter anderem die Durchführung einer Risikoanalyse. Darin müssen Optimierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Schwanzbeißen und Verletzungen dokumentiert werden. Ein wichtiger Punkt sollte künftig noch stärker berücksichtigt werden: die Fütterung. Denn Tierwohl fängt bereits beim Futter an.

Studien haben gezeigt, dass der Stresslevel und somit stressbedingte Verhaltensstörungen – einer der Hauptgründe für Schwanzbeißen – über die Fütterung minimiert werden können. So können schon hier wichtige Stellschrauben gedreht werden.

 

Lesen Sie mehr: So können Futterzusätze Stress reduzieren und helfen, Schwanzbeißen zu vermindern.



Gesundheitsindex für Schweine – Top oder Flop?

Letztes Jahr führte QS den Tiergesundheitsindex für Schweine ein. Nun wurden die Teilindices zum zweiten Mal erhoben. Was bringt das dem Tierwohl?

Der Tiergesundheitsindex ist für alle Schweinemastbetriebe, die dem QS-System angeschlossen sind, verpflichtend. Mit seiner Hilfe können Züchter die Befunde für ihre abgelieferten Tiere bewerten und die Ergebnisse mit denen anderer Betriebe vergleichen. So soll der Index den Landwirt dabei unterstützen, Defizite beim Tierwohl frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Auf den Preis, den die Züchter für ihre Tiere erhalten, hat der Index bislang keinen Einfluss.

Für den Index werden die Ergebnisse der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchungen in der Schlachthof-EDV erfasst. QS wertet die Befunde schlachthofbezogen aus. Eine übergreifende landes- oder deutschlandweite Betrachtung ist bisher nicht möglich. Berücksichtigt werden jeweils Indikatoren für den Zustand der Atemwege, der Organe, der Gelenke sowie für die Unversehrtheit des Schlachtkörpers.

Hat der Index als Instrument zur Verbesserung des Tierwohls eine Zukunft? Führende Schlachtbetriebe merken an, dass QS mit diesem Index lediglich abbildet, was sie in ihren Betrieben ohnehin schon lange praktizieren. Auch ist die Erhebung der Daten allein noch keine Maßnahme zur konkreten Verbesserung des Tierwohls. Doch Tierwohl ist ein komplexes Thema, das von verschiedenen Seiten angegangen werden muss. Haltungsbedingungen sind das eine, Verhalten, Hygiene oder Fütterung sind andere zentrale Bereiche. Je mehr Landwirte über den Zustand ihrer Tiere wissen, desto eher können sie Maßnahmen zur Verbesserung einleiten und erfolgreich umsetzen. Der Tiergesundheitsindex mag ein Werkzeug unter vielen sein. Dennoch ist er ein guter Schritt in die richtige Richtung.